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Leipziger Fahrradausstellung 1890: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Dieser Bericht stammt aus der Leipziger Illustrirte Zeitung" vom 08. März 1890''' <ref>Leipziger Illustrirte Zeitung", 94. Band, Nr. 2436 vom 08. März 1890, Seite 49 - 50</ref>
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===Bericht der "Leipziger Illustrirte Zeitung" vom 08. März 1890=== <ref>Leipziger Illustrirte Zeitung", 94. Band, Nr. 2436 vom 08. März 1890, Seite 49 - 50</ref>
  
 
Diese 2. große Ausstellung war nicht so reich bestückt mit Fahrrädern wie die vorjährige Ausstellung aber so bot sie doch des Neuen und Interessanten gar viel. Schon lange hatten sich die mit den alten schmalen und compacten Gummireifen verbundenen Misstände bemerkbar gemacht, und von den verschiedenen Sei- ten war versucht worden, durch Abänderung der Form der Gummireifen, indem dieselben eine ovale Gestalt erhielten oder an der einen Seite abgeplattet wurden, Abhülfe zu schaffen; allein ohne durch- schlagenden Erfolg. Da trat in der Mitte des vorigen Jahres Dunlop in Belfast (Irland) mit einer Erfindung hervor, die wohlgeeignet scheint, die bisher gebräuchlichen Gummireifen wenigsten bei einigen Arten von Maschinen, wie beim Dreirad, mit der Zeit zu verdrängen. Es sind dies die pneumatischen Gummireifen, Dunlop’s Patent, welche von der Pneumatic Tyre and Booth’s Cycle Agency Limited in Dublin angefertigt und von August Larsen in Lüttich an einem Singer-Dreirad ausgestellt wurden. (Abb. 1)
 
Diese 2. große Ausstellung war nicht so reich bestückt mit Fahrrädern wie die vorjährige Ausstellung aber so bot sie doch des Neuen und Interessanten gar viel. Schon lange hatten sich die mit den alten schmalen und compacten Gummireifen verbundenen Misstände bemerkbar gemacht, und von den verschiedenen Sei- ten war versucht worden, durch Abänderung der Form der Gummireifen, indem dieselben eine ovale Gestalt erhielten oder an der einen Seite abgeplattet wurden, Abhülfe zu schaffen; allein ohne durch- schlagenden Erfolg. Da trat in der Mitte des vorigen Jahres Dunlop in Belfast (Irland) mit einer Erfindung hervor, die wohlgeeignet scheint, die bisher gebräuchlichen Gummireifen wenigsten bei einigen Arten von Maschinen, wie beim Dreirad, mit der Zeit zu verdrängen. Es sind dies die pneumatischen Gummireifen, Dunlop’s Patent, welche von der Pneumatic Tyre and Booth’s Cycle Agency Limited in Dublin angefertigt und von August Larsen in Lüttich an einem Singer-Dreirad ausgestellt wurden. (Abb. 1)

Version vom 7. Februar 2023, 12:20 Uhr


Art der Veranstaltung Messe
Name Leipziger Fahrradausstellung 1890
Untertitel
Veranstaltungsort Leipzig
Lokalität
Von 1890
Bis 1890
Kurzbeschrieb
Veranstaltungsreihe Leipziger Fahrradaustellung
Veranstalter
Organisator








===Bericht der "Leipziger Illustrirte Zeitung" vom 08. März 1890=== [1]

Diese 2. große Ausstellung war nicht so reich bestückt mit Fahrrädern wie die vorjährige Ausstellung aber so bot sie doch des Neuen und Interessanten gar viel. Schon lange hatten sich die mit den alten schmalen und compacten Gummireifen verbundenen Misstände bemerkbar gemacht, und von den verschiedenen Sei- ten war versucht worden, durch Abänderung der Form der Gummireifen, indem dieselben eine ovale Gestalt erhielten oder an der einen Seite abgeplattet wurden, Abhülfe zu schaffen; allein ohne durch- schlagenden Erfolg. Da trat in der Mitte des vorigen Jahres Dunlop in Belfast (Irland) mit einer Erfindung hervor, die wohlgeeignet scheint, die bisher gebräuchlichen Gummireifen wenigsten bei einigen Arten von Maschinen, wie beim Dreirad, mit der Zeit zu verdrängen. Es sind dies die pneumatischen Gummireifen, Dunlop’s Patent, welche von der Pneumatic Tyre and Booth’s Cycle Agency Limited in Dublin angefertigt und von August Larsen in Lüttich an einem Singer-Dreirad ausgestellt wurden. (Abb. 1)

Abb.1

Diese Reifen machen im ersten Augenblick auf das Auge, das bisher an die gebräuchlichen schmalen Reifen gewöhnt war, einen etwas plumpen Eindruck, denn sie haben einen Durchmesser von 2 1⁄4 und mehr englischen Zoll gegen 1 Zoll der bisherigen Reifen und es ist selbstverständlich, daß der ganze Bau der Maschine diesen größeren Verhältnissen entspre- chend abgeändert werden mußte. Das Eigenartige der neuen Reifen besteht darin, das sie hohl sind, eine verhältnismä- ßig dünne doppelte Wandung aus dem allerbesten Gummi mit einer Einlage von sehr starker Leinwand besitzen und mit Luft gefüllt sind. Die Befestigung in den Felgen geschieht auf ganz besondere Wei- se mittels Metallstifte. Das Füllen der Reifen mit Luft wird von dem Fahrer selbst mit einer kleinen Luftpumpe besorgt, die in der Werkzeugtasche mitgeführt werden kann. Die Urteile über diese Reifen, die sowohl auf der Londoner Stanley- Ausstellung wie auch in der Leipziger Ausstellung die erste und hervorragendste Neuheit bilden, lauten allerdings sehr verschieden, doch haben englische Ken- ner, welche dieselben probirt haben, anerkannt, daß sie, namentlich für Dreiräder und insbesondere auf aufgeweichten und schlechten Straßen von großen Vortheil sind. Die Fabrikanten behaupten aber auch noch, das Rennmaschinen, mit diesen Reifen versehen den bisherigen mit 3/8 und 1/4 zölligen Reifen bedeutend überlegen sein sollen. Thatsächlich haben im vorigen Herbst irische Rennfahrer auf Maschinen mit pneumatischen Reifen Siege davon getragen. Der Hauptvorteil dieser neuen Erfindung besteht darin, daß die Maschinen auf sandigen, schlammigen oder steinigen Straßen viel besser vorwärts kommt, und daß die in letzteren Falle unvermeidlichen Erschütterungen abgeschwächt, ja kaum noch fühlbar sind, wodurch sowohl das Rad wie der Fahrer wesentlich geschont wird. Die Elasticität soll so groß sein, das scharfe Steine, sogar Glassplitter die Gummiwandung kaum zu zersetzen vermögen.

Das Bestreben, die für Maschinen und Fahrer gleich misslichen Erschütterungen einer gepflasterten oder schlechten Straße abzuschwächen, macht sich von Jahr zu Jahr mehr bemerkbar und fördert eine stetig sich steigernde Zahl von Federvorrichtungen an Fahrrädern zu Tage. So befindet sich unter vielen anderen auch in der diesjährigen Ausstellung eine Dreiradmaschine mit einer solchen Construction, auf welche die Firma Leistner und Pötzsch in Dresden ein Reichspatent erhalten hat. (Abb. 2)

Abb.2

Quellen:

  1. Leipziger Illustrirte Zeitung", 94. Band, Nr. 2436 vom 08. März 1890, Seite 49 - 50

Neben einer bekannten Federvorrichtung der Vordergabel der nach dem sogenannten Cripper-System gebauten Maschine beruht der Schutz gegen Vibration hauptsächlich auf der Einschaltung von Federn zwischen der Achse der beiden hintern Antriebsräder und der Doppelachse, der sogenannten Brücke, welche das Gestell trägt. Eine weitere patentirte Eigenthümlichkeit dieses Rades besteht in einer aus Stahlrohren gebildeten Gabel, welche die Radachse mit der Kurbelachse derartig verbindet, daß die Gestellachse sich nur um die Kurbelachse drehen kann. Die Elasticität der Maschine ist eine sehr große, wobei die Construction den Vortheil hat, daß sich weder die Entfernung zwischen Sat- tel und Pedal noch die Kettenspannung ändern kann. Das Fahrrad dient nicht nur sportlichen und industriellen Zwecken, sondern es erfüllt auch einen schönern Beruf, indem es Unglücklichen, welche den Gebrauch der Beine ganz oder zum größten Theil verloren haben, die Möglichkeit gewährt, die Kraft der Arme dazu zu benutzen, um sich verhältnismäßig rasch und mühelos vom Fleck zu bewe- gen.Als Mittel dazu dienen die sogenannten Invalidmaschinen, wohl durchgängig als Dreiräder gebaut, welche die Firma Louis Krause in Leipzig-Gohlis als Specialität nach selbst construirten Modellen anfertigt. (Abb. 3) Außer diesen Fahrzeugen für Ganz-Invaliden hat der genannte Fabrikant diesmal auch ein Dreirad eige- ner Erfindung für Hand und Fußbetrieb ausgestellt, das für einen Fahrer bestimmt ist, der durch Unglücksfall einen Fuß verloren hat. Die Maschine hat zwei Triebräder von 78 Centimetern und ein Steuerrad von 72 Centimetern Durchmesser; sie wird, wie jedes moderne Dreirad, durch den Fuß mittels des Kurpelpedals angetrieben und durch gewöhnliche Bicyclesteuerung und Bremse geleitet. Zur Erreichung größerer Geschwindigkeit sind zu beiden Seiten des Fahrers zwei sich vertical bewegende Arbeitshebel für dessen Arme angebracht. Diese Hebel sind durch einen Winkel und eine Zugstange mit der zweiten Kurbel der Trittlagerachse verbunden und tragen Handgriffe (Spatengriffe) zum Auf- und Abwärtsbewegen der Hebel und zum Steuern. Der Betrieb der Maschine ist ebenso leicht wie bei jedem gewöhnlichen Dreirad, sodaß eine bedeutende Geschwindigkeit erreicht werden kann. Eine Neuheit anderer Art, die sowohl für Händler als auch für die meisten Fahrer von Interesse sein dürfte, ist der Rover-Trainirapparat von Ernst Stecker in Magdeburg. (Abb. 4) Dieser Apparat, der gleichzeitig als Ständer für einen Rover dient, ermöglicht es dem Roverfahrer, auch während des Winters oder bei schlechtem Wetter in der Uebung zu bleiben. Die Achse des hintern Triebrades wird von beiden Seiten gefaßt, sodaß das Rad sich, ohne den Boden zu berühren, frei drehen kann. Mittels einer (Abb.3)

Abb. 3

Schraube kann eine Holzrolle nach Belieben fest gegen den Gummireifen ange- drückt werden, wodurch die gewünschte Reibung erzielt wird. Außerdem kann auf Wunsch dem Apparat eine Signalvorrichtung beigegeben werden, durch welche jede zurückgelegten 500 Meter durch einen Glockenschlag angezeigt werden. Der Apparat läßt sich für jede Rovergrö- ße einstellen. Sein Zweck ist ein dreifacher; erstens soll er dem Händler dazu dienen, Neulingen das gleichmäßige Pedaltreten beizubringen, zweitens ermöglicht er es Rennfahrern, auch bei ungünstigen Wetter das Trainiren nicht unterbrechen zu müssen, wobei denselben durch die Signalvorrichtung eine genaue Controle ihrer Leistungen gegeben wird, und drittens setzt er diejenigen, welche das Radfahren aus Gesundheitsrücksichten betreiben, in den Stand, die während der Fahrsaison errungenen hygienischen Vorteile während des Winters und bei regnerischen Tagen verfolgen können. Der Rover, das niedrige Sicherheitsfahrrad, ist augenblicklich die beliebteste Maschine, und es wird daher vielleicht nicht selten vorkommen, das der Besitzer einer solchen Maschine gemeinschaftlich mit einer anderen Person fahren möchte, die entweder gar nicht oder nicht so gut wie er selbst die Maschine zu beherrschen versteht. Eine Neuheit welche diesem Wunsche entspricht, liefert die Comanditgesellschaft Merkur (Rothgießer u. Cie.) in Bergeborbeck bei Essen mit ihrem Merkur-Zwillingsvierrad. (Abb. 5) Diese Maschine, welche wie ein Sociable die Sitze der beiden Fahrer nebeneinander, und zwar über den Rädern trägt, besteht aus zwei Rovern, welche in ein-

Abb.4

(Abb 4)

fachster Weise durch ein Querrohr zwischen den Obergestellen verbunden sind, das um seine eigene Längsachse drehbar befestigt ist. Von dieser Maschine fertigt die Fabrik drei verschiedene Arten an: 1 – zwei verbundene Herrenrover, jeder mit eigener Steuerung : 2 – einen Herrenrover mit einem Damenrover gekuppelt, ebenfalls jeder mit eigener Steuerung; 3 – Kuppelung von einem Herren- und einem Damenrover, wovon nur der erste eigene Steuerung besitzt, während das Vorderrad des Damenrover leer mitläuft, die Handgriffe feststehen und nur zum Halten dienen. Die beiden ersterwähnten Maschinen sind für bereits geübte Fahrer bestimmt. Es ist merkwürdig, daß trotz der Kuppelung jeder Fahrer eigene Steuerung hat und es sofort deutlich in seinen Handgriffen empfindet, wenn sein Nebenmann nach rechts oder links auszubiegen beabsichtigt. Es ist daher auch selbstverständlich, daß zwei Leute die fahren können, unwillkürlich stets in derselben Richtung steuern werden. Sollte wirklich einer derselben über die Absicht seines Nebenmannes nicht im Klaren sein, so braucht er blos seine Lenkstange loslassen, und die ganze Maschine folgt von selbst der Leitung des anderen, wodurch jeder Unfall vermieden wird. Bei den beiden ersten Arten ist jede Maschine auch einzeln für sich zu fahren, ebenso wie auch stets zwei beliebige Rover, die zueinander passen, durch diese Kuppelung verbunden werden können. Diese Fabrik stellte noch ein Vierrad aus (für einen Fahrer), das den Vortheil der größten Sicherheit bietet und sich daher besonders für ältere Fahrer eignet. (Abb. 6) Es ist sehr schmal, denn es hat nur

Abb.5

(Abb 5)

eine Spurbreite von 70 Centimetern, und es ist durchaus sicher vor jedem seitlichen Umkippen. Die Steuerung ist Bicyclesteuerung, und wird auf die beiden Vorderräder durch Zahnräder an deren Spindeln, worüber eine Kette läuft, gleichzeitig übertragen. Die Räder sind, wie bei den meisten derartigen Maschinen, niedrig, nämlich 28zöllige Trieb- und 20zöllige Vorderräder.